Der Eseltreiber schreibt

04/06 2014:
Manchmal ist das Leben doch ein Computerspiel

Schüler der Hauptschule Neustädter Tor erlebten den Autor Oliver Uschmann in der Stadtbibliothek

 

(cd) Für viele Jugendliche sind Computerspiele deutlich spannender als das wahre Leben. Was alles passieren kann, wenn drei aufgeweckte Jungs die Quests und Regeln eines Games auf die Realität übertragen wollen und sich nicht blind an die Richtlinien des Alltags halten, beschreibt der Autor Oliver Uschmann in seinen „Finn“-Büchern. „Man kann viel mehr machen als man so gemeinhin denkt“, gab er den Schülern des 5. und des 7. Jahrgangs der Hauptschule Neustädter Tor am Montag in der Osteroder Stadtbibliothek jenes Stück Lebenserfahrung mit, das ihn zum Schreiben der Bücher inspiriert hatte.

 

Finn und seine Freunde Flo und Lukas haben sich beispielsweise die Aufgabe gesetzt, einen Tag lang nur geradeaus zu laufen, dürfen dabei höchstens dreieinhalb Meter nach links oder rechts ausweichen. Wie im Videospiel stoßen sie dabei auf Herausforderungen, für die es eine Lösung zu finden gilt. Ob es darum geht, einen schlammigen Bach zu überwinden, einen Discounter zu durchqueren ohne dem Filialleiter in die Arme zu laufen oder kleine Kätzchen vor dem Ertränken zu retten, den drei Freunden fällt immer etwas ein. Als sie jedoch an einer Bahnschiene einen Mann entdecken, der sich scheinbar umbringen will, müssen sie die Regeln brechen und das Spiel verlassen.

 

Uschmann wusste seine Zuhörer zu fesseln, schließlich kennt sich der ehemalige Journalist für Videospiele mit dem Thema seines Buches gut aus und verfügt zudem über eine Sprache, die sehr nah an der Lebenswelt der Schüler ist. Schnodderig, direkt, pointiert und manchmal tiefsinnig erzählt er die Abenteuer seiner Helden und macht dabei auch deutlich, dass es manchmal Situationen gibt, in denen Regeln unbedeutend werden, weil gerade etwas Wichtigeres passiert.

 

Immer wieder sprang auch der Autor aus seinem Text und erläuterte Zusammenhänge oder schob Anekdoten ein. „Das steht hier nicht, das hab ich jetzt nur so gesagt“, entschuldigte er sich zwischendurch, wenn ihm beispielsweise das Wort „Scheiße“ herausrutschte. Während die Schüler des 5. Jahrgangs über eine solche Wortwahl und manch spontanen Einwurf allerdings laut kicherten, gaben sich ihre zwei Jahre älteren Mitschüler ganz cool und schweigsam. Nicht weniger hingen sie jedoch an den Lippen des Autors und wollten auch nach der Lesung noch vieles über ihn und seine Arbeit wissen. „Sind Sie Fußballfan?“, brannte es einem Schüler auf den Nägeln, „Sind Sie schon mal im Fernsehen gewesen“, fragte ein anderer.

 

Auch über seine Arbeit als hauptberuflicher Schriftsteller berichtete Uschmann und erzählte, dass er für seine Bücher etwa sechs bis sieben Monate Zeit braucht und dass er die Handlung der Finn-Geschichten gemeinsam mit seiner Frau entwickelt. „Das Plotten ist genauso wichtig und genau so viel Arbeit wie das Schreiben“, erläuterte er. Richtig erstaunt waren seine Zuhörer als der Autor verriet, dass er von den zehn Euro, die sein Buch kostet, nur etwa einen Euro bekommt, da der Rest an den Verlag geht. Wesentlich positiver klang da schon die Antwort auf die Frage, welchen Schulabschluss ein Schriftsteller haben müsse. „Im Grunde kann es jeder werden, der Bock hat zu schreiben, er braucht keinen Abschluss, sondern vor allem Talent.“ Dass er über letzteres verfügt, hatte Oliver an diesem Vormittag unter Beweis gestellt. Die Schüler waren begeistert und einige Lehrer überlegen sogar, ob sie „Finn“ nicht zur nächsten Schullektüre machen sollten.